Die Rechtsprechung hat – insbesondere bei Kreditverträgen – die Ansicht entwickelt, dass eine Mahnung des Gläubigers, bei der die verlangte Forderungen das tatsächlich Geschuldete weit überschreitet, unwirksam sei. Bei einer unverhältnismäßig hohen Zuvielforderung kann das anzunehmen sein.
In einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5.10.2005 (X ZR 276/02) hat das Gericht diese Rechtsprechung auch auf Gewährleistungsansprüche im Werkvertragsrecht angewandt. Allerdings ist nach Auffassung des Gerichtes insbesondere bei Bauleistungen den Besonderheiten Rechnung zu tragen. Im konkreten Fall ging es darum, welche Toleranzmaße Glasscheiben haben durften, und ob das Verlangen nach bestimmten (geringen) Toleranzen eine ausreichende Mahnung darstellt, den hierdurch eine illusorische Leistung verlangt wird. Im konkreten Fall hat das Gericht die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Im Werkvertragsrechts ist davon auszugehen, dass ein Besteller in der Regel Nachbesserungen, die ihm die vertraglich vereinbarte Nutzung des Werkes gestatten, nicht zurückweisen wird, auch wenn er mehr verlangt hat. Entsprechend gilt eine Mahnung auch dann, wenn der Besteller meint, dass ihm mehr zustehen würde als von der Gegenseite angeboten wird. Letztlich ist dies aber immer eine Auslegung des Einzelfalls.
Unser Praxistipp
Machen Sie als Besteller bereits in der Mahnung deutlich, worum es Ihnen geht. Wenn es zweifelhaft ist, ob auch eine Teilleistung oder eine geringere Leistung akzeptiert wird, so sollte dies klargestellt werden.
Als Auftragnehmer müssen Sie Teilleistungen und eine bestimmte Ausführungsart anbieten, wenn sie das Verlangen des Bestellers für Überzogen halten.
Rechtsanwalt Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht