Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 14.11.2017 erklärt, dass bei einer Änderung der anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme betreffend des beauftragten Gewerks dem Auftraggeber eben aufgrund gerade einer solchen Bedenkenmitteilung vor Augen geführt werden muss, dass mit der beauftragten Leistung der Werkerfolg durch eine bestimmte Herstellungsart nicht mehr erreicht werden kann.
Der Auftraggeber hat es dann zu entscheiden, ob er die Einhaltung der neuen anerkannten Regeln der Technik wünscht und einen zusätzlichen Herstellungsaufwand bezahlt oder aber von der Durchführung des Bauvorhabens ganz absieht bzw. erklärt, dass das Bauvorhaben nicht den neuen anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die Durchbiegung einer Dachkonstruktion. Als das Bauvorhaben genehmigt wurde und der Vertrag geschlossen wurde, mussten die Hallen nur eine Schneelast von 80 kg/m² auffangen. Als sich nach dem 01.01.2017 die anerkannten Regeln der Technik änderten und 139 kg/m² gefordert wurden und die Hallen bis Mitte 2017 errichtet wurden, entsprachen sie nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik, weil eine höhere Durchbiegung der Dachkonstruktion stattfand. Weil der Auftragnehmer in dem vom BGH entschiedenen Fall Bedenken angemeldet hatte, konnte er erfolgreich einen Kostenvorschuss des Auftraggebers zur Mangelbeseitigung unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten abwenden.
Aus der Entscheidung des BGH ergibt sich, dass die vielfach von den Auftragnehmern empfundenen Probleme bei der Durchführung von länger andauernden Gewerken mit dem Umstand, dass sich die anerkannten Regeln der Technik zwischen Vereinbarung der Leistung und Ausführung der Leistung ändern, in den Griff zu bekommen sind. Es bedarf aber eines entsprechenden sorgfältigen Vorgehens des Auftragnehmers.
Unser Praxistipp
- Immer dann, wenn sich nach Vertragsabschluss und vor der Ausführung die anerkannten Regeln der Technik ändern, sollte der Auftragnehmer dem Auftraggeber schriftlich davon in Kenntnis setzen und seine Bedenken gegen die alte vereinbarte Ausführungsart so früh wie möglich anmelden. Der Auftragnehmer sollte außerdem mitteilen, welche Mehrkosten entstehen und wie viel Zeit zusätzlich nötig ist, um die Leistungen nach den neuen Regeln auszuführen. Verbunden mit der Mitteilung sollte eine Aufforderung an den Auftraggeber dahingehend ergehen, sich zu entscheiden, ob man an der bestehenden, nicht mit den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Ausführung festhalten oder aber eine neue Ausführung nach den anerkannten Regeln der Technik wünsche.
- Auftragnehmer sollten sich davor hüten, funktional beschriebene Arbeiten zu übernehmen. Ändern sich in einem Funktionalvertrag – erst Recht in einem funktionalen Pauschalvertrag – die anerkannten Regeln der Technik, sind alle daraus erfolgenden Mehrkosten alleine vom Auftragnehmer zu tragen.
Rechtsanwalt Michael Brückner, Mechernich, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht