Diese Kooperationspflicht gilt auch im Rahmen des § 648 a BGB (Bauhandwerkersicherung). Nach dieser Vorschrift kann der Bauunternehmer vom Auftraggeber Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung verlangen. Hat der Unternehmer dem Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit bestimmt, kann der Unternehmer gemäß § 648 a Abs. 5 S. 1 BGB die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen.
Dass die Kooperationspflicht auch bei der Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a BGB zu beachten ist, wird durch diverse Gerichtsentscheidungen verdeutlicht.
So hat z.B. der Bundesgerichtshof den Fall entschieden, dass der Unternehmer eine zu hohe Sicherheit fordert. Der zur Kooperation verpflichtete Auftraggeber kann dann den Rechtsfolgen des § 648 a Abs. 5 BGB (Leistungsverweigerung oder Kündigung durch den Unternehmer) nicht ohne weiteres dadurch entgehen, dass er auf eine Zuvielforderung überhaupt nicht reagiert. Ist der Unternehmer bereit, die geringere Sicherheit zu akzeptieren, die er nach § 648 a BGB fordern darf, muss der Auftraggeber diese Sicherheit jedenfalls dann leisten, wenn deren Höhe für ihn feststellbar ist; er muss eine solche Sicherheit anbieten (Urt. v. 09.11.2000 – VII ZR 82/99 -).
Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Urt. v. 27.11.2012 – 3 U 69/12 -) kann der Auftraggeber im Falle der Unwirksamkeit einer vom Unternehmer nach § 648 a Abs. 5 BGB ausgesprochenen Kündigung aufgrund der Kooperationspflicht bei besonderen Umständen gehalten sein, trotz der Kündigung des Unternehmers und der damit einhergehenden Arbeitsniederlegung den Unternehmer vor einer eigenen Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grund darauf hinzuweisen, dass die vom Unternehmer nach § 648 a Abs. 5 BGB erklärte Kündigung unwirksam sei, und ihn unter Fristsetzung zur Wiederaufnahme der Arbeiten aufzufordern.
Die Kooperationspflicht kann im Rahmen des § 648 a BGB nicht nur den Auftraggeber treffen; sie gilt vielmehr auch für den Unternehmer. Dies macht z.B. ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2013 (I-22 U 211/12) deutlich. Danach ist der Unternehmer, der von einem Sicherungsverlangen gemäß § 648 a BGB zunächst und bis auf Weiteres Abstand nimmt und sich um eine gütliche einverständliche Lösung bemüht, für den Fall des Scheiterns einer dann zunächst einverständlich vereinbarten Verfahrensweise nach den Grundsätzen der bauvertraglichen Kooperationspflicht gehalten, dem Auftraggeber eine neue angemessene Frist bzw. Nachfrist zur Stellung der Sicherheit zu setzen.
Bemerkenswert ist auch eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. (Urt. v. 17.02.2015 – 5 U 211/13 -; nicht rechtskräftig). Danach ist der Unternehmer nach dem Kooperationsgebot verpflichtet, dem Auftraggeber ein Sicherungsverlangen nach § 648 a BGB zunächst anzukündigen, wenn es ihm nicht vorrangig um die Erlangung einer Sicherheit, sondern vielmehr darum geht, das Sicherungsverlangen als Druckmittel für Verhandlungen über anderweitige Abwicklungsprobleme (z.B. Behinderungsanzeigen, Bedenkenanmeldungen, Nachträge etc.) einzusetzen. In einem solchen Fall müsse der Unternehmer – so das Oberlandesgericht – das Sicherungsverlangen für den Fall der Nichteinigung zunächst androhen und dürfe es erst nach Scheitern der unter Einbeziehung dieser Drohung geführten Verhandlungen unter Setzung einer angemessenen Frist stellen.
Wie die angeführten Entscheidungen zeigen, kann die bauvertragliche Kooperationspflicht also auch im Rahmen der Bauhandwerkersicherung nach § 648 a BGB maßgebliche Bedeutung haben. Dies ist umso wichtiger, als Streitigkeiten über ein Sicherungsverlangen nach § 648 a BGB häufig zu wechselseitigen Kündigungen des Bauvertrages und in der Folge zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen.
Unser Tipp
Die bauvertragliche Kooperationspflicht ist auch bei einem Sicherungsverlangen gemäß § 648 a BGB zu beachten. Dies gilt sowohl für den Auftraggeber, als auch für den Auftragnehmer. Dabei kann ein kooperationswidriges Vorgehen erhebliche Konsequenzen und Nachteile haben. Wie man sich unter Berücksichtigung des Kooperationsgebotes richtig verhält, ist natürlich stets eine Frage des Einzelfalls. Da in aller Regel schnelle Entscheidungen zu treffen sind, empfiehlt es sich in Zweifelsfällen, sehr kurzfristig anwaltlichen Rat einzuholen.
Alfred Hennemann, Bonn, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht