Wichtig ist dabei, dass der Vorbehalt grundsätzlich bei der Abnahme erfolgen muss, nicht früher und nicht später. Ein vor oder nach der Abnahme erfolgter Vorbehalt ist grundsätzlich wirkungslos. Keine Wirkungen hat selbst eine vor der Abnahme erklärte Aufrechnung mit dem Vertragsstrafenanspruch; auch diese macht einen späteren Vorbehalt bei der Abnahme nicht entbehrlich.
In der Praxis wird dies gelegentlich nicht berücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass der Bauherr eine vereinbarte Vertragsstrafe allein wegen des unterlassenen Vorbehaltes auch dann nicht durchsetzen kann, wenn alle weiteren Voraussetzungen für die Vertragsstrafe erfüllt oder sogar unstreitig sind.
Sofern der Bauherr durch einen Architekten betreut wird, kann dies dann auch zu Regressansprüchen gegen den Architekten führen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26. April 1979 – VII ZR 190/78) gehört es nämlich zu den Beratungs- und Betreuungspflichten des Architekten, „durch nachdrückliche Hinweise an den Bauherrn sicherzustellen, dass bei einer förmlichen Abnahme oder bis zum Ablauf der Fristen aus § 12 Nr. 5 Abs. 1 und 2 VOB/B oder sonstiger für die Abnahme vereinbarter Fristen der erforderliche Vertragsstrafenvorbehalt nicht etwa versehentlich unterbleibt“.
Unser Praxistipp
Für Bauherrn und Architekten empfiehlt es sich ohnehin, mit dem Unternehmer in eindeutiger Form eine förmliche Abnahme zu vereinbaren. Bei der förmlichen Abnahme ist der Vertragsstrafenvorbehalt dann unbedingt in das Protokoll aufzunehmen.
Rechtsanwalt Alfred Hennemann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht